Stalingrad

Stalingrad liegt ca. 1000 km südöstlich von Moskau am rechten Ufer der Wolga. Aufgrund der geografischen Lage zwischen Don und Wolga war die Stadt bereits seit der Antike ein wichtiger Handelsposten. Ihr ursprünglicher Name "Zarizyn" stammt aus dem 16. Jahrhundert. Im Jahr 1925 wurde sie aber im Zuge des Bürgerkrieges zu Ehren des Armeekommissars Josef Stalins in "Stalingrad" umbenannt. Ihre letzte Namensänderung erfährt die Stadt 1961 als sie im Rahmen der Entstalinisierung auf "Wolgograd" getauft wird.  

Heute ist Wolgograd eine russische Großstadt mit etwas über 1 Million Einwohnern. Sie stellt das wirtschaftliche und auch administrative Zentrum der unteren Wolga dar und ist sowohl Industriezentrum als auch wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Die Ausmaße der Stadt erstrecken sich 60 km entlang der Wolga und bis zu 10 km in die Breite. Durch die Schlacht um Stalingrad im zweiten Weltkrieg erhielt die Stadt traurige Berühmtheit und ist heute Teil aller Geschichtsbücher.

Bundesarchiv, Bild 101I-217-0492-22 / Geller / CC-BY-SA
Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-217-0492-22 / Geller / CC-BY-SA

Die Schlacht von Stalingrad

Der Kampf um Stalingrad war eine der größten Schlachten des zweiten Weltkrieges und er gilt als Wendepunkt des Deutsch-Sowjetischen Krieges im Winter 1942/43. Im Sommer und Herbst 1942 greift die deutsche 6.Armee mit ihren Verbündeten die Stadt mit über 230.000 Soldaten an und umzingelt sie auf allen drei Seiten. Die Verteidiger der Roten Armee werden daraufhin nur noch per Schiff über die Wolga versorgt. Obwohl bereits große Teile der Stadt unter der Kontrolle der Wehrmacht stehen, gelingt eine vollständige Eroberung der Stadt durch deutsche Truppen nicht. Im November 1942 startet daraufhin die russische Gegenoffensive und der Roten Armee gelingt der Durchbruch durch die schwachen verbündeten rumänischen Armeen. Es kommt zur Einkesslung der deutschen 6.Armee in Stalingrad und auch der Entsatzversuch "Unternehmen Wintergewitter" scheitert am heftigen Widerstand der russischen Verbände.

Im Februar 1943 stellen die traurigen Reste der 6.Armee unter Generalfeldmarschall Paulus ihre Kampfhandlungen ein und begeben sich in russische Kriegsgefangenschaft. Stalingrad wird während der Kämpfe fast vollständig zerstört und der Wiederaufbau der Stadt beginnt bereits unmittelbar nach der Befreiung. Von den ca. 110.000 gefangenen Soldaten überleben nur 5.000 die russische Kriegsgefangenschaft. Insgesamt fordert die Schlacht um Stalingrad mindestens 700.000 Menschenleben auf beiden Seiten.

Bundesarchiv, Bild 101I-217-0494-34 / Geller / CC-BY-SA
Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-217-0494-34 / Geller / CC-BY-SA

Deutsche Offensive "Fall Blau"

Stalingrad hat für die Wehrmacht große strategische Bedeutung, da die Stadt eine Kontrolle der Wolga-Wasserstrasse ermöglicht. Sie ist außerdem ein bedeutendes Industriezentrum und aufgrund ihrer Namensgebung ein sehr symbolträchtiges Operationsziel. Entsprechend befiehlt Hitler für den Sommer 1942 eine Offensive im südlichen Bereich der Ostfront um kriegswichtige Ölfelder und strategische Punkte unter deutsche Kontrolle zu bringen. Dabei ignoriert er die Tatsache, dass die dortigen deutschen Streitkräfte seit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22.Juni 1941 bis zum Frühjahr 1942 bereits über 30 Prozent ihrer Ausgangstärke als Verluste eingebüßt haben.

Am 5.April 1942 legt Hitler die Operationsziele des "Fall Blau" vor, wonach der Heeresgruppe Süd die Eroberung Stalingrads zugeteilt wird. Der Nordflügel dieser Heeresgruppe - bestehend aus 6.Armee, 4.Panzerarmee und 4.rumänischer Armee - soll den Gegner am Donbogen umfassen  und die Wolga für Nachschublieferungen sperren. Die langgezogene Nordflanke muß dabei durch mehrere Armeen verteidigt werden und die Aufgabe fällt hauptsächlich den Verbündeten zu, die nur wenig Kampferfahrung besitzen und über schlechte Aurüstung verfügen. Hitler unterschätzt dabei - wie schon zuvor - die verbleibende Stärke der Roten Armee. 

Am 28.Juni 1942 beginnt die Offensive und führt schnell zu Geländegewinn bis an den Don bei Woronesh. Während Hitler den schwachen Widerstand als Auflösung der gegnerischen Armee deutet, entgehen die sowjetischen Verbände durch Rückzug ihrer Vernichtung. Für eine schnelle Verfolgung dieser anscheinend schwachen Armeen befiehlt Hitler eine Abweichung vom ursprünglichen Plan und spaltet die deutschen Streitkräfte. Die 6. Armee unter General Friedrich Paulus rückt nun im Alleingang gegen Stalingrad vor. Obwohl nachträglich noch eine Unterstützung durch die 4.Panzerarmee erfolgt, stellt die Größe des Einsatzgebietes und die unterschiedliche Angriffsrichtung der geteilten Armeen die Versorgung der Verbände vor ein unlösbares logistisches Problem. Die wichtigen Ölfelder werden vor dem Rückzug der gegnerischen Truppen nachhaltig zerstört und es kommt zu starken Nachschubproblemen.

Dennoch erreichen deutsche Panzerspitzen am 23.August 1942 die Wolga nördlich von Stalingrad. Die Stadt zeigt starke Zerstörungen durch die Bombardierung der deutschen Luftwaffe, die unten der Zivilbevölkerung zu hohen Verlusten von über 40.000 Menschen führt. Auf Befehl Stalins war die Stadt nicht evakuiert worden um die Moral der verbleibenden Soldaten zu stärken und notfalls Zivilisten an den Kämpfen zu beteiligen. Eine Einkesselung der sowjetischen 62.und 64.Armee in Stalingrad misslingt aufgrund eines verzögerten Vorgehens der 6.Armee, die noch einen russischen Gegenangriff abwehren muß.  Nach der gelungenen Flucht der gegnerischen Armeen erreichen die deutschen Truppen am 10.September den Stadtrand und es beginnt ein erbitterter und verlustreicher Häuserkampf. Die Rote Armee nutzt die Zeit und zieht immer neue Reserven anderer Frontabschnitte nach Stalingrad. Die deutsche Frontlinie ist hoffnungslos überdehnt und an den Flanken nicht ausreichend gesichert. Die Verteidiger Stalingrads nutzen jedes Haus, jede Straße, jedes Loch als Stellung und kämpfen gemäß Stalins Befehl "keinen Schritt zurück!". 

Dabei entbrennen besonders heftige Kämpfe um die nördlichen Fabrikanlagen des Stahlwerks "Roter Oktober", dem Traktorenwerk "Dserschinski" und der Geschützfabrik "Barrikaden". Im Zentrum wird hart um die beiden Bahnhöfe, das Pawlowhaus, den Mamajew-Hügel und das Getreidesilo gekämpft. Im November ist die Trümmerstadt im Rahmen der Operation Hubertus fast vollständig unter deutscher Kontrolle und Hitler spricht bereits von der heldenhaften Eroberung und Einnahme Stalingrads.

Bundesarchiv, Bild 116-168-618 / CC-BY-SA
Quelle: Bundesarchiv, Bild 116-168-618 / CC-BY-SA

Russische Gegenoffensive "Operation Uranus"

Die militärische Gegenoffensive des sowjetischen Oberkommandos startet am 19.November 1942 und richtet sich gezielt gegen die schwachen Flanken der deutschen 6.Armee und 4.Panzerarmee, die größtenteils aus rumänischen Truppen bestehen. Ziel der Operation ist die Einschließung und Vernichtung der deutschen Truppen, sowie der Entsatz der kämpfenden 62.Armee. Umfangreiche Reserven werden hinter der Front gesammelt und Brückenköpfe über die Wolga bilden nördlich und südlich von Stalingrad den Ausgangspunkt der Rückeroberung. Der Roten Armee gelingt der Durchbruch durch die 3. und 4 rumänische Armee im Norden und Süden Stalingrads. Erst am 20. November begreift Paulus die kritische Lage und versucht mit Hilfe des XXXXVIII. Panzerkorps als operative Reserve den Vorstoß der Roten Armee zu stoppen. Dieses wird aber schnell überrannt und am 23.November schließt sich der Ring um Stalingrad bei Kalatsch am Don. Rund 330.000 Wehrmachstsoldaten sind jetzt in der Stadt eingekesselt. Der Wendepunkt des zweiten Weltkrieges ist erreicht.

Für das deutsche Oberkommando kommt die Operation Uranus völlig unvorbereitet, da gemeldet war, dass die Rote Armee über keinerlei Reserven mehr verfüge und als geschlagen galt. Entsprechende Warnungen von General Paulus wurden von Hitler ignoriert. Nach der Einkesslung der deutschen Verbände in Stalingrad wird der Korridor und damit die Trennung von der deutschen Front auf 150 km ausgebaut. Eine Versorgung der eingekesselten Soldaten ist nur noch über eine Luftbrücke möglich.

Kesselschlacht und Unternehmen "Wintergewitter"

General Paulus versucht die Fronten zunächst zu stabilisieren um dann einen Ausbruch nach Süden zu wagen, aber es herrscht bereits starker Materialmangel. Am 24.November erhält er den Befehl von Hitler sich in Stalingrad einzuigeln und keinen Ausbruchsversuch zu unternehmen. Die eingeschlossenen Truppen sollen vollständig aus der Luft versorgt werden, was Hermann Göring für absolut machbar hält. Obwohl die Generalstäbe des Heeres und der Luftwaffe Hitler darüber informieren, dass dieses Vorhaben nicht möglich ist, wird der Befehl beibehalten. Täglich sind rund 550 Tonnen Material notwendig, die aber zu keinem Zeitpunkt eingeflogen werden können. Im Durchschnitt erreichen pro Tag nur 94 Tonnen die kämpfenden Verbände und die Rationen werden drastisch gekürzt. Die Brotzuteilung der Soldaten wird von 300g auf letztendlich 60g Brot am Tag reduziert. Die Flughäfen fallen nach und nach in die Hand der Roten Armee und bald ist nur noch der notdürftige Feldflugplatz Gumrak einsatzfähig. Die eingekesselten Soldaten sterben infolge von Unterernährung, Unterkühlung durch unzureichende Winterausrüstung, Epidemien und andauernde Kampfhandlungen.  Ein Ausfliegen der zahlreichen Verwundeten ist nicht mehr möglich und die wenigen startenden Piloten müssen ihre Maschinen teils mit Waffengewalt vor einer Erstürmung durch verzweifelte Soldaten beschützen.

Die Rote Armee setzt psychologische Propagandamethoden zur Demoralisierung der verbleibenden deutschen Truppen ein. So werden mittels großen Grammophonen beliebte Schlager abgespielt oder die Akkustik der gefürchteten Stalinorgeln wiedergegeben. Währenddessen unternimmt Generalfeldmarschall Erich von Manstein vom 12.-23.Dezember 1942 mit der 4.Panzerarmee einen Entlastungsangriff zur Befreiung der 6.Armee. Die Operation trägt den Namen "Wintergewitter" und kämpft sich bis auf 48 km an Stalingrad heran. Dann zwingen heftige Gegenwehr und eine mögliche Abschnürung von der deutschen Front durch eine Großoffensive der Roten Armee die Retter zum Abbruch des Unternehmens. Im Kessel wird der Geschützdonner dennoch gehört und kurzfristig keimt Hoffnung auf eine baldige Befreiung in Stalingrad auf. Alle Aufforderungen einer Aufgabe des Kessels und zur Kapitulation werden von General Paulus - auch auf Befehl Hitlers hin - ignoriert. Es folgt ein sehr trauriges Kriegsweihnachten, denn die Soldaten erfahren am heiligen Abend, dass es keinen Entsatz mehr geben wird. Die Lage ist aussichtslos. Am 8.Januar wird das letzte Kapitulationsangebot der Roten Armee abgelehnt.

RIA Novosti archive, image #450 / Zelma / CC-BY-SA 3.0
Quelle: RIA Novosti archive, image #450 / Zelma / CC-BY-SA 3.0

Operation Kolzo und das Ende der 6.Armee

Am 10.Januar 1943 startet die Rote Armee die Operation Kolzo um den Kessel von Stalingrad endgültig zu zerschmettern. Die letzten deutschen Flughäfen Pitomnik und Gumrak werden erobert und die deutschen Truppen werden in einen Nord- und einen Südkessel gespalten. Ab dem 22.Januar kann Versorgungsmaterial nur noch über der umkämpften Stadt abgeworfen werden. Hitler ernennt Paulus am 29.Januar zum Generalfeldmarschall und zwingt diesen damit die Stellung unter allen Umständen zu halten oder heldenhaft zu sterben - im Kampf oder im Suizid. Am 31.Januar erobern sowjetische Truppen das Hauptquartier der 6.Armee und Generalmajor Roske, Kommandeur der 71.ID kapituliert im Südkessel. Generalfeldmarschall Paulus verweigert sich Hitlers Befehl zum Suizid und geht mit seinem Stab in russiche Gefangenschaft. Er verbietet seinen Offizieren sogar ausdrücklich den Suizid mit der Begründung, sie hätten das Schicksal der Gefangenschaft mit ihren Soldaten zu teilen. Der Nordkessel unter General Karl Strecker kapituliert kurz darauf am 2.Februar 1943. Einige versprengte Truppen kämpfen noch bis Mitte März verzweifelt weiter, aber Stalingrad ist wieder in der Hand der Roten Armee.

Am 3.Februar um die Mittagszeit lässt das deutsche Oberkommando im Rundfunk eine Sondermeldung verlesen, in der erklärt wird, dass die 6.Armee "unter der vorbildlichen Führung von Paulus bis zum letzten Atemzug" gekämpft habe, sie aber einer "Übermacht" und "ungünstigen Verhältnissen erlegen" sei. Man erklärt sie zu einem historischen "Bollwerk" einer nicht deutschen, sondern "europäischen Armee", die stellvertretend den Kampf gegen den Kommunismus geführt habe. Die Behauptungen des Regimes gipfeln darin, alle Soldaten der 6.Armee hätten den Tod gefunden.

Bundesarchiv, Bild 183-W0506-316 / Georgii Zelma / CC-BY-SA
Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-W0506-316 / Georgii Zelma / CC-BY-SA

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